Downsizing, Hybrid, Elektro: Der gegenwärtige Autokosmos wird von Idealen beherrscht, die echte Mercedes-Benz-Enthusiasten mit Benzin im Blut an den Rand der Übelkeit treiben. Die Sternstunden, in denen Hubraum, Sound und große Zwölfzylinder das Benz-Universum beherrschten, scheinen wie aus einem anderen Erdzeitalter. Doch auf unseren Straßen lebt der Traum weiter – in Form der beeindruckendsten Youngtimer aus Stuttgart. Und das Beste: Viele der Luxuskarossen sind heutzutage überraschend erschwinglich.
Der Panzer: Mercedes-Benz S 600 (W140)
Er ist die S-Klasse aller S-Klassen: Als der Mercedes-Benz W140 im Jahr 1991 mit satten 2.180 kg Leergewicht und monumentalen Ausmaßen die Weltbühne betritt, staunt die Presse nicht schlecht. Bis heute repräsentiert die Mercedes-Benz Modellreihe das Streben nach dem besten Auto der Welt wie keine andere und ist berüchtigt für ihre horrenden Entwicklungskosten.
An der Spitze der Motorenpalette steht der zwölfzylindrige Mercedes-Benz S 600, entwickelt zu einem einzigen Zweck: Um die Münchner Konkurrenz des BMW 750i mit seinen 300 PS in den Schatten zu stellen.
Mit Erfolg: Die ersten Versionen (600 SE, 1991-1993) entwickeln für ihre Ära unglaubliche 408 Pferdestärken, die späteren Mercedes-Benz S 600er (1993-1998) immerhin noch 394 PS. Hubraum: Sechs Liter. Ausreichend, um das Schlachtschiff in 6,6 Sekunden auf Tempo 100 zu befördern.
Seinerzeit ist der Mercedes-Benz W140 das Auto von Helmut Kohl, Papst Johannes Paul II., Konzernbossen und Weltstars. Lady Dianas tragischer Unfall geschieht mit dieser S-Klasse. Heutzutage ist der Koloss für Normalsterbliche erschwinglich: Die legendären Qualitätsstandards der Baureihe vor der DaimlerChrylser-Ära machen es möglich, dass sogar vom seltenen Topmodell Mercedes-Benz S 600 (damaliger Neupreis: Rund 210.000 DM) viele Exemplare den Wandel der Zeit überlebt haben.
Wer 20 Liter Durchschnittsverbrauch und saftige Instandhaltungskosten stemmen kann, findet zwischen 30.000 und 40.000 Euro hervorragende Exemplare.
- Seltenheit: Der Mercedes-Benz S 600 (W140) ist ein seltener und hochwertiger Luxuswagen, der in begrenzter Stückzahl produziert wurde. Je seltener ein Fahrzeug ist, desto höher kann der Preis sein, insbesondere wenn es sich um ein begehrtes Klassiker-Modell handelt.
- Produktionspreis: Aufgrund seines hohen Produktionspreises und seiner hochwertigen Ausstattung wird der Mercedes-Benz S 600 (W140) oft von Sammlern geschätzt und gesucht. Diese Käufer sind oft bereit, einen höheren Preis für ein gut erhaltenes Modell zu zahlen.
- Klassisches Design: Der Mercedes-Benz S 600 (W140) hat ein klassisches Design, das zeitlos und stilvoll ist. Viele Autoliebhaber schätzen klassische Autos mit eleganten Linien und einem unverwechselbaren Look. Wenn der Wagen in gutem Zustand gehalten wurde, kann dies den Preis weiter erhöhen.
Der Dezente: Mercedes-Benz E 55 AMG (W210)
Umstrittener ist die erste vieräugige Mercedes-Benz E-Klasse: Seit ihrer Einführung im Mai 1995 leidet die Baureihe W210 unter massiven Rostproblemen. Bis 2002 werden über 1,6 Millionen Einheiten produziert, von denen ein Großteil bis heute in der Schrottpresse gelandet ist.
Die Übriggebliebenen sind quasi die „Creme de la Creme“ der Modellreihe und vor allem für Youngtimer Liebhaber mit beschränktem Budget interessant. Klar, die sparsamen Vier- und Sechszylinder wären eine rationale Entscheidung.
Ihr Herz aber schielt zum Sahnestück der Baureihe, dem E 55 AMG: Aus acht Brennräumen und 5439 ccm schöpft das Affalterbacher Aggregat 354 PS, die der Limousine einen sportlichen 5,7-Sekunden-Sprint auf 100 km/h ermöglichen. In weiteren 14 Sekunden steht Tempo 200 auf der Uhr. Das sind nicht nur „für damalige Verhältnisse“, sondern noch 25 Jahre später ernsthafte Zahlen. Der Mercedes-Benz E55 AMG ist ein verdammt schnelles Auto, Punkt.
Besonders gefällt uns das Understatement des Topmodells. Während heutige Mercedes-Benz AMGs mit riesigen Luftöffnungen und großen Fake-Abgasanlagen nach Aufmerksamkeit schreien, beschränkt sich der Mercedes-Benz E 55 AMG auf dezente Modifikationen. Kenner bemerken den Doppelauspuff, leicht geschärfte Schürzen und Schweller sowie die mächtigen AMG-Monoblock-Felgen (18 Zoll).
Vom damaligen Neuwert ist nicht viel übrig: Gepflegte Youngtimer-Modelle im guten Zustand mit unter 100.000 Kilometern erhalten Sie heutzutage für 20.000 bis 30.000 Euro. Der perfekte erste AMG für alle Benz-Liebhaber, die Seltenheitswert mit einem Stück Lebensgefühl aus den 1990ern vereinen möchten.
- Limitierte Produktion: Der Mercedes-Benz E 55 AMG (W210) wurde zwischen 1998 und 2002 nur in begrenzter Stückzahl produziert. Ein begrenzter Produktionszeitraum und eine limitierte Auflage können dazu beitragen, dass das Auto zu einem Sammlerstück wird.
- Leistungsstarke Motorisierung: Der E 55 AMG (W210) ist mit einem 5,4-Liter-V8-Motor ausgestattet, der 354 PS und 530 Nm Drehmoment produziert. Diese leistungsstarke Motorisierung kann bei Sammlern sehr begehrt sein.
- Historischer Wert: Der E 55 AMG (W210) war eines der ersten Autos von Mercedes-Benz, das von der AMG-Abteilung entwickelt wurde. Dieser historische Wert kann auch dazu beitragen, dass das Auto zu einem begehrten Sammlerstück wird.
Das Geheimnis: Mercedes-Benz SL 73 AMG (R129)
Er ist ein Mythos, der nur 85 Mal gebaut wird und nicht auf der offiziellen Preisliste des R129 auftaucht. Das Roadster-Pendant zur S-Klasse W140 verlässt das Bremer Werk zwischen 1998 und 2001 als „normaler“ SL 600 mit AMG-Stylingpaket für 240.000 DM und wird direkt nach Affalterbach verladen, wo für zusätzliche 99.180 DM ein Umbau jenseits von Gut und Böse vollzogen wird.
Aus dem „braven“ 600er mit 394 PS und sechs Litern Hubraum (derselbe Motor wie im W140) erwächst ein Ungetüm, das ein Volumen von 7,3 Litern in sagenhafte 525 Sauger-PS verwandelt und den Namen SL 73 AMG trägt. Waren das noch Zeiten, als Modellbezeichnungen Sinn ergaben! An dieser Stelle freundliche Grüße an die Schöpfer des aktuellen C 63 AMG. In 4,8 Sekunden rast der SL 73 auf Tempo 100 und erst bei 320 km/h ist Schluss.
Weil der SL 73 AMG nicht beworben wird und ein Großteil der Kleinserie in japanische Sammlergaragen wandert, zählt das Hubraummonster zu den größten Youngtimer-Geheimnissen von Mercedes. Äußerlich übt sich das Biest in Zurückhaltung: Ausschließlich die zweiflutige Abgasanlage, wie beim E 55 AMG links unter der Heckschürze positioniert, verrät das Geheimnis dieses seltenen SL.
Alle anderen Komponenten, vom AMG-Styling-Paket bis zu den seitlichen V12-Schriftzügen, hätten ebenso gut einen regulären SL 600 auszeichnen können. Kommt heute eines der seltenen Exemplare auf den Markt, wird es typischerweise auf internationalem Parkett versteigert und erzielt sechsstellige Summen.
Im Februar 2021 auktionierte RM Sotheby’s einen 1999er SL 73 AMG für 170.500 Euro.
- Limitierte Produktion: Der SL 73 AMG wurde in einer sehr geringen Stückzahl von nur 85 gebaut, was ihn zu einem sehr seltenen Fahrzeug macht. Ein begrenzter Produktionszeitraum und eine limitierte Auflage können dazu beitragen, dass das Auto zu einem begehrten Sammlerstück wird.
- Exklusivität und Seltenheit: Da der SL 73 AMG nicht beworben wurde und die meisten Exemplare in japanischen Sammlergaragen verschwunden sind, ist es schwierig, eines zu finden. Das macht ihn zu einem Geheimtipp unter Mercedes-Sammlern und erhöht seine Exklusivität und Seltenheit, was wiederum den Sammlerwert erhöhen kann.
Der Überflieger: CL 65 AMG (C215)
„Top Gear“-Moderator Jeremy Clarkson fürchtete einst, die 1000 Newtonmeter Drehmoment des 612 PS starken CL 65 AMG könnten die Erde rückwärts drehen lassen. Jetzt feiert das bei seiner Präsentation im Jahr 2003 stärkste Serienfahrzeug der Welt seinen 20. Geburtstag, was ihm die Eintrittskarte ins Youngtimer-Universum beschert und eine spannende Frage aufwirft: Könnte man sich den legendären V12-Biturbomotor, der bis 2019 in verschiedenen Mercedes-Modellen verbaut und neu stets oberhalb der 200.000-Euro-Grenze beim Händler stand, heutzutage leisten?
Von den saftigen Unterhaltskosten einmal abgesehen, muss die Antwort positiv ausfallen. Ab rund 30.000 Euro wandert das 6-Liter-Herz in die eigene Garage, wobei ausgezeichnete Exemplare momentan einen extremen Wertzuwachs verzeichnen und die 50.000-Euro-Grenze übersteigen. Und keine Frage: Es gibt keinen stilvolleren Weg, den Riesenmotor zu fahren, als in einem CL der Baureihe C215.
Die ästhetischen Highlights kennen kein Ende: Von der fehlenden B-Säule bis zur gewölbten Rückscheibe und dieser endlos-eleganten Seitenlinie demonstriert der CL, wie das Musterbild eines klassischen Coupés auszusehen hat.
Wie jede S-Klasse, ist auch dieser Zweitürer ein technischer Vorreiter: Vom aktiven Fahrwerk ABC bis zum Abstandsregeltempomat DISTRONIC hat die Baureihe C215 (1999-2006) alles technische Machbare ihrer Zeit an Bord. Legendär sind die speziellen Türscharniere, welche die Türen beim Öffnen ein Stück nach vorne verschieben, um das Ein- und Aussteigen zu erleichtern.
German overengineering at it’s best. Würdevoll gealtert, wird uns der CL bis ins Jahr 2036 als Youngtimer erhalten bleiben.
- Der legendäre V12-Biturbomotor: Der CL 65 AMG verfügt über einen der stärksten Serienmotoren aller Zeiten, was den Wagen zu einem begehrten Sammlerstück macht. Der Motor ist bekannt für seine enorme Leistung und das unverwechselbare Klangprofil.
- Ästhetische Highlights: Der CL 65 AMG gehört zu den elegantesten Coupés, die jemals gebaut wurden. Von der einzigartigen Formgebung bis hin zu den stilvollen Designelementen gibt es viele ästhetische Faktoren, die diesen Wagen zu einem begehrten Sammlerstück machen.
- Technischer Vorreiter: Der CL 65 AMG war seiner Zeit technisch weit voraus und verfügte über viele innovative Funktionen, die heute noch beeindruckend sind. Dieser Faktor könnte dazu beitragen, dass sich der Wert des Wagens in Zukunft weiter erhöht, da er als Pionier in der Automobilgeschichte gilt.
